rezension

was sich hinter den kulissen abspielt

cellule de crise - Ohne grenzen

 

Der Krisenherd im Nahen Osten lässt auch die Schweiz nicht unberührt. Als internationales Zentrum der Diplomatie ist Genf der Dreh- und Angelpunkt politischer Auseinandersetzungen. In der Serie Cellule de Crise wird dem Zuschauer ein Einblick hinter die glänzenden Fassaden des internationalen Genfs geboten. Intrigen und Machtkämpfe stehen an der Tagesordnung. Die Frage, die sich dabei stellt: Wo liegt die Grenze zwischen geschickter Diplomatie und wo beginnt Korruption?

 

Die Kurzserie Cellule de Crise ist ein sechsteiliger Politthriller aus der Romandie, produziert von der SRG. Der Haupthandlungsort Genf ist nicht zufällig gewählt, denn Genf als diplomatisches Zentrum ist das zentrale Thema der Serie. Im Jemen wird der Präsident der fiktiven Hilfsorganisation «Hohe Internationale Humanitätskomissariat (HCIH) getötet. Darauf folgt ein Machtkampf um die Neubesetzung der höchsten Funktion innerhalb der Organisation. Unter die Bewerber mischt sich auch die Universitätsdozentin Suzanne Fontana, welche verspricht die Organisation wieder auf den richtigen Weg zu bringen und auf ihre Ursprungsfunktion, den Schutz der Zivilbevölkerung, zurückzuführen. Doch einst im Amt wird die neue Präsidentin nicht nur mit inneren Widerständen konfrontiert, sondern findet sich als Spielball internationaler Grossmächte wieder. 

 

Die Serie beleuchtet die diplomatischen Spannungen innerhalb der Weltpolitik, insbesondere die Macht der reichen Ölstaaten, welche neben den dominanten Grossmächten China, Russland und den Vereinigten Staaten auf der internationalen Politbühne oft in den Hintergrund rücken. Der Einfluss der kommunistischen Führung in Peking wird in dieser Serie jedoch gänzlich ausgelassen. Umso mehr wird die Macht der Golfstaaten, allen voran Saudi-Arabiens, hervorgehoben und die damit zusammenhängenden Zerrissenheit westlicher Staaten wie der Schweiz in deren Umgang mit den Ölmächten.

 

Die an das Roten Kreuz angelehnte Hilfsorganisation HCIH ist Spielball der nationalen Interessen der politischen Machthaber. Das wird besonders durch die fehlende Kooperation bei der Hilfe bei der Befreiung von Mitarbeitern des HCHI in Jemen deutlich. Die Unterstützung der Organisation bei der Rettung der entführten Mitarbeiter wird von Seiten der USA als auch Saudi-Arabiens sowie den jemenitischen Führern an Bedingungen gekoppelt. So gelingt es den Produzenten der Serie die Komplexität der Problematik aufzuzeigen und die politischen Interessen der konträren Parteien zu betonen. Dabei dient der Serie das reale Beispiel des Jemen-Konflikts als Vorlage; ein Stellvertreterkrieg, welcher von Grossmächten auf dem Buckel Dritter ausgefochten wird, dabei ist das Schicksal der Zivilbevölkerung weitgehend nebensächlich und deren Leiden wird von den involvierten Staaten als ein unvermeidbarer Nebeneffekt schulterzuckend hingenommen. So sind auch internationale Hilfsorganisation machtlos in ihren Bemühungen die Bevölkerung zu schützen. Selbst bei der Befreiung neutraler Mitarbeiter wird für die Unterstützung eine Entschädigung gefordert und die Organisation gerät ins Fadenkreuz politischer Machtkämpfe. 

 

Die Serie zeigt das Dilemma auf, welchem internationale Hilfsorganisationen ausgesetzt sind. Abhängig von der Kooperation und den Spenden politischen Kontrahenten müssen sie versuchen ihre Unabhängigkeit zu wahren und ihrer Arbeit möglichst neutral nachzugehen. Das gelingt der Serie hervorragend, denn durch die Aktualität des gewählten Konflikts fällt es dem Zuschauer leicht sich mit der Thematik zu identifizieren. Ausserdem wird durch die Wahl des Jemen-Konflikts ein Bezug zur Realität geschaffen, was die Handlungen greifbarer erscheinen lässt und den Zuschauer in ihren Bann ziehen. 

 

Dennoch enthält der Plot Elemente, welche den realistischen Verlauf der Serie stören. So kommt etwa die Liebelei zwischen der Präsidentin des HCIH Suzanne Fontana und einem der saudischen Prinzen sehr illusionär daher. Ebenso wie ihre Verbindung zum korrupten, an Sepp Blatter erinnernden Präsidenten des Weltfussballverbands Adi Lipp, welcher Suzanne Fontanas Vater ist, zu welchem sie jedoch seit ihrer Kindheit keinen Kontakt hat. Diese Verworrenheit der Protagonisten ist ein tragendes Element der Geschichte, jedoch scheinen die vielseitigen Verbindungen gar widersprüchlich und den einzelnen Nebengeschichten wird zu wenig Raum gegeben, somit wirken sie wie ein verzweifelter Versuch der Drehbuchautoren ein möglichst breites Publikum anzusprechen. Die gesucht wirkenden Verbindungen zwischen den verschiedenen Akteuren der Serie trüben das realistische Bild, welches die Produzenten ansonsten einwandfrei zeichnen.

 

Ein Beispiel für diese unstimmigen Verbindungen ist das persönliche Drama des Interimspräsidenten des HCIH Guillaume Kessel, der mit der Hilfe jemenitischer Einflussträger mit allen Mitteln den Mord an seiner Frau zu vertuschen versucht. Der Mord lenkt von den eigentlichen Handlungen ab und verhält sich als Störelement. Auch scheinen seine Verbindungen zu den Mächtigen etwas zu passend, um wahr zu sein, was den Zuschauer zunehmend an der Glaubhaftigkeit der Figur zweifeln lässt. Die Geschichte erhält nicht genug Raum und stiftet so Verwirrung beim Publikum. 

 

Cellule de Crise präsentiert die internationale Politik als Spannungsfeld und fesselt das Publikum durch die realitätsgetreue Umsetzung. Den Wünschen politikinteressierte Zuschauer wird diese Serie auf alle Fälle gerecht. Dennoch hofft man als Zuschauer, dass Politik in der Realität vielleicht doch nicht ganz so spannend sein möge und wenn doch, so ist man zumindest froh, dass die unschöne Realität nach dem Beenden der Serie wieder von einer Hochglanz-Fassade kaschiert wird.